Schamanismus, wie wir ihn heute bei nativen Völkern beobachten können, hat eine lange Entwicklung hinter sich.
Religiöse Inhalte vermischten sich im Laufe der Jahrtausende.
Es wurden Vorstellungen und Arbeitsweisen über Bord geworfen, vergessen, übernommen und neu erfunden.
So können wir nicht sagen, dass wir irgendwo auf der Erde heute eine Art reinen, ursprünglichen Schamanismus hätten.
Alles in den Händen der Menschen entwickelt sich weiter.
Seinen Anfang nahm der Schamanismus wohl bei den Steinzeitmenschen (vielleicht 200.000 v. Chr.?), als Nomaden in der Wildnis lebend, den Naturkräften ausgesetzt und von ihnen komplett abhängig.
Der Schamane war der Vermittler zwischen den unsichtbaren Kräften hinter den Naturkräften und den Menschen.
Irgendwann in grauer Vorzeit hat sich bei uns Menschen das Bewusstsein geregt und wir haben angefangen essentielle Fragen zu stellen:
Meiner Ansicht nach, beginnt mit diesem Erwachen des Bewusstseins und dem Nachgehen dieser Fragen der Schamanismus.
Um diesen Fragen nachzugehen nutzten wir Menschen nicht nur unseren Verstand, sondern auch die Verbindung mit dem Unfassbaren hinter dem Fassbaren.
Das war der Beginn der schamanischen Techniken der Bewusstseinsveränderung und der außersinnlichen Wahrnehmung.
Vielleicht hat das aber auch gar nicht begonnen, sondern es war einfach unser Naturzustand.
Vielleicht wurden auch erst später Techniken daraus, als die meisten Menschen sich davon abwandten und es daher auserwählte Experten auf dem Gebiet brauchte.
Beides ist möglich.
So hat der Schamanismus als archaische Techniken der Bewusstseinsveränderung und Verbindung mit der großen Kraft hinter allem wohl seinen Ursprung überall auf der Erde.
Mit dem Beginn der Sesshaftwerdung vor ca. 8000 Jahren hat sich dann einiges im sozialen Leben verändert.
Der Schamane wurde nach und nach von Priestern und Ärzten abgelöst und Gesellschaftsstrukturen mit Gesetzen und Politik entwickelten sich.
Die Philosophie wurde geboren.
Aus ihr entstanden dann die modernen Naturwissenschaften und erst vor ca. 100 Jahren als Abspaltung die Psychologie.
Bei den Völkern, die heute noch nomadisch leben, hat der Schamanismus sich bis heute weiter entwickelt, zwar weitestgehend unbeeinflusst von unseren modernen, aufgeklärten Wissenschaften, jedoch nicht gänzlich unbeeinflusst.
Alles ändert sich im Leben ständig und so wandelte sich auch der Schamanismus von der Steinzeit bis heute.
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Der klassische Schamanismus heute als archaische Ekstasetechnik (Trancetechnik) mit seinen Merkmalen Unterweltfahrt und Himmelfahrt ist weltweit jeweils eingebettet in ein religiöses Geflecht von Göttern, Geistern und Mythen.
Der Schamanismus ist somit keine eigenständige Religion, sondern Geheimwissen und Techniken, die in einen jeweils religiösen Kontext eingegliedert sind.
Es geht dabei immer um Trancetechniken, bei denen mit Hilfsgeistern zusammen gearbeitet wird. Das Phänomen Schamanismus ist sehr umfangreich, hat viele Ausprägungen und taucht weltweit auf.
Das Wort Schamanismus geht auf das tungusische (Russland/ China) Wort shaman zurück.
Es bedeutet so viel wie „Wissender“.
Bei der Ekstase (ex = außerhalb, stase = stehen) geht es darum zwischen den Menschen und den Geistern zu vermitteln und mit dem Bewusstsein in andere Realitäten zu reisen.
Dies findet außerhalb des alltäglichen Lebens statt.
Der Schamane steht mit seiner Arbeit abseits der normalen Wirklichkeit.
Die Kosmologie im Schamanismus ist folgendermaßen:
Die drei Zonen sind durch eine Mittelachse (der Pfeiler der Welt, Weltensäule) miteinander verbunden.
Es gibt Tore oder Löcher in den Ebenen, durch die die Götter auf die Erde gelangen können und die Schamanen zu den Göttern.
Der Himmel wird auch als ein Zelt gesehen und die Sterne am Himmel stehen für die Öffnungen, durch die die Götter herabsteigen können.
Der Mittelpfeiler ist das Zentrum der Welt und wird auch als Baum (z. B. Yggdrasill, nordisch) oder Berg (z. B. Meru, Indien) dargestellt.
In seiner ekstatischen Reise besteigt der Schamane den Weltenbaum bzw. den kosmischen Berg, um zu den Göttern aufzusteigen.
Oft ergänzen sich die Bilder des Weltenbaumes und des Zentralberges in den Mythologien.
Beide stehen letzten Endes für die Weltsäule, die Verbindung zwischen Unterwelt, Himmel und Erde.
Mit den Wurzeln ragt der Weltenbaum in die Unterwelt, mit den obersten Ästen ragt er in den Himmel.
Manchmal hat er neun Äste, manchmal neun Wurzeln.
Er symbolisiert auch das gesamte Universum, das sich ständig wie ein Baum regeneriert.
Man findet im Baum sitzend oft einen Vogel (z. B. Adler) und an den Wurzeln eine Schlange.
Diese Symbole tauchen weltweit auf.
Man findet auch immer wieder Mythen darüber, dass es einst eine Zeit gab, in der jeder Mensch einfachsten Zugang zu den höchsten Himmelsgöttern hatte und jeder sie mit bloßem Auge sehen konnte.
Eines Tages lehnte sich ein Schamane gegen diese auf (Hybris) und von da an nahmen die Götter den Menschen die Fähigkeit einen Zugang zu ihnen zu haben und sie zu sehen und es war nur noch mittels Ekstase möglich.
Ab dieser Zeit würde die Kraft der Schamanen bis heute immer schwächer, so dass bis heute vom Niedergang der Schamanenkraft gesprochen wird.
Die Schamanen waren seit diesem Ereignis die Privilegierten, die als einzige in einer Trancereise zu den Göttern reisen konnten.
Alle anderen hatten nur noch die Möglichkeit Opfergaben an die Götter zu senden.
So blieb bis heute der Schamane der Vermittler zwischen den Welten zwischen den Toten (Unterwelt), den Göttern (Himmel) und den Lebenden (Erde).
Schamanismus ist ein Weg, das Nichtgreifbare zu ergründen und nutzbringend in den Alltag zu integrieren
Beim Schamanismus geht es darum die Wirklichkeit zu ergründen
Es geht darum herauszufinden, was von dem was wir wahrnehmen wirklich ist.
Es geht darum, das wir zwischen dem, was ein Wesen als wirklich wahrnimmt und dem, was ein anderes Wesen als wirklich wahrnimmt, hin und her zu reisen und dazwischen zu vermitteln.
Es gibt Strukturen der Wirklichkeit, die für viele Menschen nicht wahrnehmbar sind.
Auch oder gerade diese Welten spielen eine Rolle im Schamanismus.
Im Schamanismus spielt das Erleben und die Arbeit mit der Natur in uns und um uns herum eine zenrale Rolle.
Es geht darum zu unserer Urnatur zu finden und gleichzeitig mit der Natur der Erde, der Pflanzenwelt, der Tierwelt, der Steinwelt, der Menschenwelt, den unsichtbaren Welten und den Elementen mit ihren Rhythmen harmonisch zusammen zu leben.
Es geht darum die Natur wert zu schätzen und zu achten die innere Natur, sowie die äußere Natur.
Es geht auch darum die Symbolwelt der Natur zu erfoschen, sich von ihr inspirieren zu lassen und ihre Schätze der Weisheit nutzen zu lernen.
Schamanismus ist ein Weg mit sich selbst ins Reine zu kommen
Es geht darum mit sich selbst in Frieden zu kommen, sich mehr und mehr annehmen zu können und herauszufinden, was man wirklich im Leben will und wer man sein möchte.
Im Schamanismus geht es darum, ständig zu lernen
Überall gibt es etwas zu lernen, jedes Wesen ist ein Lehrer.
Das Leben ist ein Lehrer.
Und überall gibt es verschlüsselte Botschaften.
Im Schamanismus geht es darum, den eigenen Geist zu befreien
Je mehr man sich löst von dem, was man gelernt hat, wer oder was man zu sein hat und was nicht, umso mehr erkennt man, wer man ist.
Schamanismus ist frei von Regeln, Lizenzen, Verboten, Dogmen, blindem Glaube
Es geht dabei nicht darum stur einer Tradition mit starren Regeln zu folgen.
Es geht im Schamanismus darum schamanisches Handwerkzeug zu erlernen, um damit frei und kreativ zu arbeiten.
Wieviel jemand lernt und wie weit er dabei geht, bleibt jedem selbst überlassen.
Es geht dabei darum, dass man selbst Erfahrungen macht und überprüft, anstatt blind einem Guru zu folgen.
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Glücklich ist, wer daran glaubt, dass es nie zu spät ist um neu zu beginnen.